Die Region Okzitanien und SNCF Voyageurs Occitanie entwickeln seit 2021 in Partnerschaft mit FAIRTIQ Tarifmodelle mit kostenlosen oder vergünstigten Fahrten für bestimmte Benutzergruppen. Diese zuverlässigen und mit einem Smartphone einfach zu nutzenden Angebote für Jugendliche oder Senior:innen erlangten rasch große Beliebtheit. Daniel Aubaret, Leiter Marketing und Kundenbeziehungen bei SNCF Voyageurs Occitanie, blickt auf die ersten Erfolge zurück und verrät uns mehr über die neuesten, mindestens ebenso einfallsreichen und innovativen Projekte.
FAIRTIQ: Die FAIRTIQ-App ist seit fast zwei Jahren in Okzitanien verfügbar. Welche Vorteile bietet sie ihren Fahrgästen?
Daniel Aubaret: Sehr viele! Der größte Vorteil von FAIRTIQ besteht darin, dass die Fahrgäste ihr Ticket nicht mehr im Voraus kaufen oder wissen müssen, wo sie aussteigen wollen. Sie können ihre Reiseroute im Laufe der Fahrt nach Belieben ändern. Zudem konnte der Kundenservice dank der Postpaid-Ticketing-Technologie bei betrieblichen Problemen wie Verspätungen oder Zugausfällen erheblich vereinfacht werden.
Der zweite große Vorteil liegt in der Tarifgestaltung. Mit FAIRTIQ eröffnen sich eine Vielzahl von Möglichkeiten für die Entwicklung von Angeboten wie z.B. die Aktivierung eines Mobilitätsguthabens. In Okzitanien haben wir bereits die Projekte +=0 und +=- entwickelt, die mehrere Vorteile für die Fahrgäste in sich vereinen. Und genau hier setzt FAIRTIQ an: Die Fahrgäste müssen keine komplizierten Berechnungen mehr anstellen oder ihre Reise planen und ihr Ticket im Voraus kaufen. Die App registriert automatisch die Anzahl der zurückgelegten Fahrten sowie die entsprechenden Ermässigungen und akkumuliert in der App ein Mobilitätsguthaben. Die Fahrgäste profitieren also von einem Angebot, ohne überhaupt zu wissen, dass es existiert!
«Die Fahrgäste müssen ihre Reise nicht mehr planen oder ihr Ticket im Voraus kaufen. Sie können stets sicher sein, zum günstigsten Tarif zu reisen.»
FAIRTIQ: Ihre Angebote +=0 für Jugendliche und +=- für Senior:innen waren beide von Anfang an ein großer Erfolg. Welche Projekte nehmen Sie als nächstes in Angriff? Ist schon bald mit weiteren revolutionären Ideen zu rechnen?
Daniel Aubaret: Ja, da gibt es jede Menge! (lacht) Im Herbst 2023 werden wir ein neues Angebot für die 26-60-Jährigen lancieren, dass sich an die Nutzungshäufigkeit (von gelegentlich bis häufig) anpasst. Wir haben festgestellt, dass die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel bei dieser Alterskategorie von einem Monat zum anderen sehr unregelmäßig ist und hohen Schwankungen unterliegt. Das Problem ist jedoch, dass sich das derzeitige, relativ starre Abonnementssystem nicht an diese neue Flexibilität anpasst. Wir werden – wie bereits für die Jugendlichen und Senior:innen – ein Rabatt- und Treuesystem in Form eines Mobilitätsguthabens einführen. Je mehr man fährt, desto mehr Guthaben erhält man und desto weniger zahlt man letztendlich. Damit wollen wir Anreize für die Bürgerinnen und Bürger schaffen, ihre Mobilitätsgewohnheiten zu ändern, die CO₂-Bilanz ihrer Reisen zu senken und auf diese Weise nicht nur den Planeten, sondern auch ihren Geldbeutel zu schonen.
Ein anderes Projekt richtet sich an die rund 42’000 Personen, die jedes Jahr nach Okzitanien ziehen. Jede neu registrierte Person kann ihre ersten vier Fahrten kostenlos mit der FAIRTIQ-App zurücklegen. Auf diese Weise kann sie das Verkehrsnetz ihrer neuen Region erkunden und wird – hoffentlich! – von der Einfachheit des Tarifsystems überzeugt.
«Unsere Umfragen zur Kundenzufriedenheit zeigen (94 % der Fahrgäste sind zufrieden), dass die Benutzerfreundlichkeit der FAIRTIQ-App von unseren Kund:innen sehr geschätzt wird. Auch ohne Preisvorteil überzeugt dieses System die Fahrgäste durch seine Einfachheit.»
FAIRTIQ: An welcher Herausforderung arbeiten Sie zurzeit? Hilft Ihnen die FAIRTIQ-Technologie dabei, Lösungen zu finden?
Daniel Aubaret: Nehmen wir ein sehr konkretes Beispiel: aufeinanderfolgende Verschmutzungsspitzen. Die Region Okzitanien und SNCF Voyageurs Occitanie möchten Anreize für die Bevölkerung schaffen, damit diese ihr Mobilitätsverhalten ändert, ohne dass ihre Kaufkraft beeinträchtigt wird, um diese aufeinanderfolgenden Episoden zu begrenzen und zu verhindern. Wir hatten deshalb die Idee, ein spezielles Angebot für diese aufeinanderfolgenden Tage zu entwickeln: Jede Person kann für nur 1 Euro mit dem Zug fahren. Verschmutzungsspitzen sind jedoch nur schwer vorhersehbar und wir wissen jeweils nur kurz im Voraus, wann sie eintreten. Hinzu kommt, dass es eine gewisse Zeit dauert, um das Angebot in der App zu aktivieren. Wir arbeiten deshalb mit dem FAIRTIQ-Team daran, diese Aktivierungszeit möglichst zu verkürzen und in der Lage zu sein, das Angebot innert kurzer Zeit anzubieten.
FAIRTIQ: Das ist tatsächlich eine große Herausforderung! Lassen Sie uns zum Schluss noch ein wenig über die COVID-19-Pandemie sprechen: Hat sie das Mobilitätsverhalten Ihrer Kund:innen verändert?
Daniel Aubaret: Ja, und zwar massiv! Vor der Pandemie nutzten rund 60 % unserer Fahrgäste ein Abonnement. Heute sind es 40 %. Die Leute haben ihr Mobilitätsverhalten also grundlegend geändert. Einerseits ist das Fahrgastaufkommen am Wochenende beträchtlich gestiegen und liegt sogar über dem der Wochentage. Dies liegt hauptsächlich daran, dass viel mehr Menschen im Homeoffice arbeiten und diese deshalb am Wochenende häufiger Lust auf einen Tapetenwechsel verspüren. Andererseits ist die Mobilität am Freitag drastisch zurückgegangen, da an diesem Tag die meisten Menschen von zu Hause aus arbeiten. Vor der Pandemie war der Freitag der verkehrsreichste Tag der Woche, weil die Studierenden an diesem Tag in der Regel zu ihren Eltern nach Hause fuhren. Diese Veränderungen sind eine echte Herausforderung, zugleich aber auch eine tolle Chance, um unsere Dienstleistungen und Mobilitätsangebote weiterzuentwickeln.
In unserer Fallstudie erfahren Sie mehr über die Angebote +=0 und +=- von SNCF TER Occitanie.