Simplicity umsetzen - ganz einfach, oder? Dass Einfachheit im Ergebnis, meist Komplexität hinter den Kulissen bedeutet, haben die zahlreichen Teilnehmer:innen des FAIRTIQ Forums 2022 nach diesen zwei spannenden Tagen vermutlich mehr als verinnerlicht.
Internationale Expert:innen aus der Verkehrswelt, Wissenschaft und öffentlichen Einrichtungen diskutierten über brandaktuelle Themen. Beispielsweise, wie die Einführung des Deutschlandtickets zielführend umgesetzt werden kann oder mehr Autofahrer auf den Umstieg in den ÖV motiviert werden können. Innovationen im DACH-Raum in den Bereichen der Preis-, Vertriebs- und Tarifpolitik wurden ebenfalls besprochen.
Gian-Mattia Schucan, Gründer und Geschäftsführer von FAIRTIQ startete in das FAIRTIQ-Forum mit seiner ganz persönlichen Geschichte: Einfachheit im ÖV war schon in prähistorischen FAIRTIQ-Zeiten, als er noch als Vertriebsleiter bei der SSB arbeitete, seine Vision, um die ÖV-Nutzung attraktiver zu machen.
Lesen Sie hier mehr über die FAIRTIQ-Gründungsgeschichte.
Die FAIRTIQ-Lösung ist nicht nur einfach für die Nutzer:innen oder gar Gibbon-Affen - sie ist eben auch besonders schnell und unkompliziert für Verkehrsunternehmen und Verbünde zu implementieren.
Mittlerweile zählt FAIRTIQ 60 ÖV-Partner in 6 Ländern und es werden stetig mehr. Pro Tag werden allein 130.000 Fahrten über die FAIRTIQ-Lösung generiert und die 137 Mitarbeitenden sorgen dafür, dass das Produkt ‘FAIRTIQ’ stetig optimiert wird. Als Beispiel stellt Gian-Mattia Schucan erstmalig das Layout der Mitnahmefunktion vor, die in den nächsten Monaten ausgerollt werden soll.
Im Folgenden lesen Sie kurze Zusammenfassungen unserer einzelnen Programmpunkte
Dr. Felix C. Seyfarth arbeitet unter anderem als Lehrbeauftragter für Kreativität und Handlungskompetenz an der Universität St. Gallen und stellte in seinem Impulsvortrag besonders die Komplexität von Einfachheit in den Vordergrund.
Damit die Nutzung des öffentlichen Verkehrs ein echter Dauerbrenner wird und immer mehr Menschen auf Bus und Bahn umsteigen, müssen ÖV-Unternehmen kund:innenzentriert handeln. Ein Weg kann sein: Einfachheit für die Kund:innen, aber auch für Verkehrsunternehmen und -verbünde.
Dr. Seyfahrt erklärt die Komplexität, die hinter einfachen Produkten steht am Beispiel des Ipods - ein geniales, innovatives Produkt, das den Zahn der Zeit traf und die Macht hatte, die komplette Musikindustrie auf den Kopf zu stellen, dessen Entwicklung aber hochgradig komplex war.
Das Prinzip der Einfachheit läuft in Schleifen und ist niemals beendet. Ein komplexes Produkt den Endnutzer:innen möglichst simpel zu präsentieren, sodass es nur den Nutzen hat, der benötigt wird - das ist Simplicity.
Im Panel zum Thema Einfachheit in der Mobilität und im ÖPNV besprachen unsere drei Expert:innen unter der Moderation von Maurice Rapin die aktuelle Situation im DACH-Raum und was es in Zukunft noch braucht, um den ÖV zu simplifizieren.
Kerstin Haarmann ist Vorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Der VCD ist ein gemeinnütziger Umweltverband, der sich für die Verkehrswende, eine klimaverträgliche, sichere und gesunde Mobilität für Menschen einsetzt. Frau Haarmann erörtert gleich zu Beginn, dass die Vielzahl an Verkehrsverbünden in Deutschland die Entwicklung von ‘einfach einsteigen und losfahren’ verlangsamt.
Auch in der Schweiz sei der Modalsplit-Anteil des ÖV mit 21% noch nicht da, wo er im Rahmen von Klimaschutzzielen sein müsste, meint Daniel Hofer der Privatbahn BLS. Ein häufiger Grund für die nicht-Nutzung des ÖV sei hier auch die Komplexität im Ticketkauf als Hürde für Neukund:innen.
Dr. Felix C. Seyfarth meint, es lohne sich, auf die schon fortgeschrittene Digitalisierung in der Musikbranche, im Taxigewerbe und im Zeitungswesen zu blicken und dort einmal zu schauen, wie die Dinge vonstatten gingen.
Kerstin Haarmann sieht in der Lösung der Zonenproblematik als Chance, das Produkt ÖV zu vereinfachen. Die Verbundkomplexität müsse vereinfacht und ein integraler Taktfahrplan implementiert werden.
"Wir müssen in Deutschland, bevor die Digitalisierung weiter an Schwung gewinnt, erst einen Schritt zurückgehen und die Verbundkomplexität vereinfachen!" - Kerstin Haarmann, VCD
Daniel Hofer von der BLS fügt hinzu, dass die Schweiz eine ähnliche Problematik mit der Hoheit der Kantone aufweist wie in Deutschland jene der Bundesländer. Für ihn bietet die FAIRTIQ-Lösung ein Angebot, welches über Verbundgrenzen hinweg funktioniert und die Problematik, zumindest für die Fahrgäste, löst.
Dr. Felix C. Seyfarth argumentiert, dass Einfachheit zwar aufwändig sei, aber eben auch lukrativ, was man an Unternehmen wie Google oder Apple sehen kann. Dort sind außerdem Netzwerkeffekte relevant, die die Nutzung eines Produktes noch besser machen, je mehr Menschen es nutzen.
Daniel Hofer stimmt ihm zu und fügt an, dass es natürlich eine große Aufgabe ist, das Tarifsystem zu vereinfachen, aber es sei eben auch unumgänglich, um mehr Menschen für den ÖV zu gewinnen.
“Wenn das 49€ Ticket kommt, müssen Verbünde besonders darauf achten, was sie den Kund:innen ohne ein Abo anbieten wollen.” - Kerstin Haarmann
“Wir brauchen Lösungen im ÖV, die fail-safe und fool-proof sind, sodass ich keine Angst haben muss, dass ich ein falsches Ticket habe. Im ÖV geht es ja nicht nur um gewinnorientiertes wirtschaften, sondern um öffentliche Anliegen, wie der Grundversorgung und der Verkehrswende, die es Sinn macht zu fördern.” - Dr. Felix Seyfahrt
Der erste Tag des FAIRTIQ Forums wurde mit drei Keynote-Vorträgen von FAIRTIQ Partner:innen abgerundet. Christine Maier der Verkehrsbetriebe Biel (VB), Christian Hillbrand vom Verkehrsverbund Vorarlberg (VVV) und Kathrin Jähnert-Elster der Halleschen Verkehrs-AG (HAVAG) berichteten darüber, wie sie ihre Kund:innen für FAIRTIQ begeistern.
Die Schweizer Verkehrsbetriebe Biel arbeiten seit 2015 mit FAIRTIQ zusammen. Die Partnerschaft begann aufgrund eines Paradigmenwechsels in den Distributionssystemen der VB und dem Ziel, die Automaten zu reduzieren und den Kund:innen eine einfache digitale Lösung an die Hand zu geben.
“In Biel gibt es aufgrund der Bevölkerungsstruktur einen recht großen Anteil an Fahrgästen, die am liebsten mit Bargeld am Schalter ihre Tickets kaufen. Sie für eine digitale Lösung zu begeistern, ist immer noch eine Herausforderung für uns.” - Christine Maier, VB
Der Verkehrsverbund Vorarlberg (VVV) entschied sich 2018 aus demselben Grund, wie die VB für die digitale Ticketlösung von FAIRTIQ, nämlich wegen der Reduktion von Fahrkartenautomaten.
Die FAIRTIQ-Nutzungsgruppe im VVV sind vorwiegend Gelegenheitsnutzer:innen. Besonders die Capping-Funktion und die gezielte Kund:innenansprache mit Bonus oder Rabatten werden vom VVV geschätzt und genutzt.
FAIRTIQ ist im HAVAG-Gebiet in der Vollversion mit einem klassischen eTarif verfügbar und in der Pilotversion mit einem Luftlinientarif auf Kilometerbasis. Die Partnerschaft zeichnet besonders die Marktforschungsaktivitäten aus, über die Sie in diesem gesonderten Blogpost mehr erfahren können.
Die Marktforschung liefert wichtige Erkenntnisse über das Verhalten und die Bedürfnisse der HAVAG Kund:innen.
“Wir haben unter anderem untersucht, ob FAIRTIQ die Kund:innen zur Mehrnutzung des ÖV motivieren kann.”
So gab fast jede/r dritte Befragte/r an, der oder die die App schon mehr als einen Monat nutzt, dass er oder sie dank der App etwa vier Fahrten mehr als davor pro Monat unternimmt.
Wie kommt man einfach zum Marketing Erfolg? Wir teilen unsere Learnings entlang des Kampagnenprozesses (Marketingorganisation, Content Produktion und Kommunikation)
Welche Daten gewinnen wir, wie können wir sie bei FAIRTIQ aufbereiten und mit den Partnern nutzen?
Wir haben gelernt, mehr Auswahl ist nicht immer besser - und wie bringen wir die Einfachheit jetzt in den ÖV?
Wie funktioniert unser Customer Service, über welche Werkzeuge verfügt FAIRTIQ? Wir beschreiben, warum Einfachheit ein wichtiges Thema im Kontakt mit Kund:innen ist.
Wie sieht Betrug bei FAIRTIQ aus und wie gehen wir mit Missbrauch um? Wir beleuchten interne Prozesse aus sowie die Zusammenarbeit mit den Partnern.
Dr. Peter Füglistaler, Direktor des schweizer Bundesamtes für Verkehr (BAV) führte die Teilnehmenden durch die Schweizer Vertriebs- und Preispolitik im öffentlichen Verkehr.
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