27 April 2023

Postpaid-Ticketing im ÖPNV: Ein Vertriebskanal mit Zukunft

Postpaid-Ticketing im ÖPNV: Ein Vertriebskanal mit Zukunft

Das automatische Ticketing verzeichnet schweizweit steigende Absatz- und Umsatzanteile, zeigt eine Branchenanalyse

 

Mit einem Ticket aus dem Automaten oder vom Verkaufsschalter ist kaum noch jemand unterwegs. Reisende im öffentlichen Verkehr kaufen ihre Fahrkarten zunehmend mit dem Smartphone. Das zeigt eine schweizweite Marktanalyse der ÖV-Branchenorganisation Alliance Swisspass. „Der Absatz im Automatischen Ticketing wächst aktuell leicht stärker als in anderen Kanälen“, so der Bericht. Bis 2035 soll der Ticketverkauf im Schweizer ÖV vollständig auf digitale Kanäle umgestellt werden. Ticketautomaten und Schalterverkauf wären damit bald Geschichte. Das Ziel: Zug, Bus und Bahn fahren soll generell so einfach werden wie Autofahren.

Schweiz ist Pionier für Automatisches Ticketing

Grundlage des spontanen und sorglosen Reisens ist die Vertriebslösung von FAIRTIQ, die das 2016 gegründete Technologieunternehmen in Kooperation mit verschiedenen Schweizer Verkehrsbetrieben entwickelt hat. Der erste schweizweite Markttest 2018 verlief erfolgreich. Sowohl die Nutzerzahlen des Automatischen Ticketings als auch der generierte Umsatz steigerten sich seitdem um mehr als das Vierfache. Das Konzept des sogenannten Postpaid-Ticketings ist einfach: Die digitale Reiseerfassung in der App auf dem Smartphone starten, einsteigen, fahren, aussteigen, die Reise beenden und nachträglich für die Fahrt bezahlen. Das System errechnet im Hintergrund den Preis für die getätigte Fahrt und stellt dem Reisenden die aufgelaufenen Kosten in Rechnung.

2020 wurde der zusätzliche, bargeld- und papierlose Vertriebskanal nach der erfolgreichen Pilotphase in den Regelbetrieb des öffentlichen Nahverkehrs überführt. Damit ist die Schweiz das erste Land, das das Automatische Ticketing landesweit über alle öffentlichen Verkehrsmittel hinweg anbietet. „Dies stärkt unseren Innovationsgeist“, sagt Silvia Kandera, Projektleiterin bei der Alliance SwissPass.

Automatisches Ticketing seit 2018 im Aufwärtstrend

Mit Erfolg, wie die Marktanalyse zeigt. In den ersten drei Jahren seit der Markteinführung verzeichnet das Automatische Ticketing ein exponentielles Umsatzwachstum. Über alle Vertriebskanäle hinweg betrachtet, griffen Kundeninnen und Kunden immer häufiger lieber zum Smartphone, als ihr Ticket am Automaten zu ziehen oder am Schalter zu kaufen. Im letzten Jahr stieg der Absatz des Postpaid-Ticketings sogar leicht stärker als der von Einzelfahrkarten.

Umsatzentwicklung des Postpaid-Ticketings seit Einführung 2018

Umsatzentwicklung
(Quelle: Alliance SwissPass (2022): Analysen zum Automatischen Ticketing)

Der clevere Weg zum ÖPNV-Ticket setzt sich als zusätzliches Angebot neben Online-Kanälen immer mehr durch – zu Lasten des Verkaufs am Automaten und am bedienten Schalter. Allein zwischen September 2021 und September 2022 hat das Automatische Ticketing gegenüber allen Vertriebskanälen um 2,3 Prozentpunkte zugelegt. „Aktuell liegt der Absatzanteil bei 14 Prozent“, so der Bericht. Dabei greifen Reisende vor allem bei kürzeren Bus- und Zugfahrten auf das bequeme Ein- und Auschecken ohne ein Ticket aus Papier zu lösen zurück. Mehr als drei Viertel aller Automatisches Ticketing-Fahrten (77 %) kommen schweizweit auf die beiden Verkehrsmittel; bei rund einem Drittel der Fahrten (35 %) werden mehrere Verkehrsmittel (zum Beispiel Zug und Tram oder Zug, Tram und Bus) kombiniert. Es sind vor allem Gelegenheitsreisende, die das automatische Ticketing als ideale Ergänzung zum Schweizer ÖV-Abo nutzen.

Absatzentwicklung aller Ticket-Vertriebskanäle von 2010 bis Juni 2022:

Kanalmix
(Quelle: Alliance SwissPass (2022): Analysen zum Automatischen Ticketing)
 

Mit Automatischem Ticketing Kosten sparen

Die positive Bilanz des Automatischen Ticketings bestärkt die Schweizer ÖV-Branche, künftig den Ticketverkauf vollständig auf digitale Kanäle umzustellen. Ein Grund ist das Argument, den ÖPNV so bequem wie möglich zu machen, um mehr Menschen von Bus und Bahn zu überzeugen und den Klimaschutz voranzubringen. Wichtiger aber noch wiegt das Argument der Kosten für den Betrieb von Automaten und Verkaufsschaltern. Denn die Infrastruktur für den analogen Verkauf ist teuer – von Betriebs- und Wartungskosten von Automaten bis zum Personal an den Verkaufsschaltern.

Wie in der Schweiz steigen auch Verkehrsunternehmen in Deutschland auf das Automatische Ticketing um. Im thüringischen Erfurt zum Beispiel werden die 90 Fahrkartenautomaten in den Stadtbahnen abgebaut. Die Erfurter Verkehrsbetriebe AG (EVAG) entschieden sich nach einem erfolgreichen Markttest der FAIRTIQ-Technologie dazu und spart damit zwei Millionen Euro an Investitionskosten ein. Seit zweieinhalb Jahren ist das Bezahlen mit der FAIRTIQ-App im gesamten Tarifgebiet des Verkehrsverbundes Mittelthüringen möglich – täglich werden verbundweit im Schnitt mehr als 5.000 Fahrten damit absolviert. „Unsere Erfolgsgeschichte im VMT zeigt eindrucksvoll, dass und wie die digitale Transformation im öffentlichen Verkehr funktionieren kann,“ sagt FAIRTIQ-CEO Gian-Mattia Schucan.

Automatisches Ticketing wird bis 2030 absatzstärkster Vertriebskanal

Was die schweizweite Marktanalyse auch zeigt: Es sind vor allem Gelegenheitsfahrer:innen, die das kontaktlose Reisen nutzen. Fast die Hälfte aller Kundinnen und Kunden (46%), die über das Automatische Ticketing ihre Fahrt bezahlen, sind sporadisch ein- bis dreimal im Monat im öffentlichen Verkehr unterwegs. „Doch es sind die Vielnutzer:innen, die zwei Drittel des Absatzes generieren“, so der Bericht. Zwei Trends, die das Automatische Ticketing für Verkehrsunternehmen zu einem interessanten Vertriebskanal machen, um mit innovativen Tarifangeboten und gezieltem Marketing verschiedene Kundengruppen maßgeschneidert anzusprechen.

Die Alliance SwissPass erwartet, dass das Automatische Ticketing in den nächsten Jahren weiterhin stark wachsen wird. Bis 2030 werden 40 Prozent aller Fahrkarten darüber verkauft, so die Prognose. Auch in Deutschland und Frankreich setzen immer mehr Verkehrsverbünde und Regionen auf die innovative FAIRTIQ-Technologie. FAIRTIQ ist dabei stets ein verlässlicher Partner in der Umsetzung innovativer Lösungen: von B2B-Angeboten und Mobilitätsbudgets für die Mobilität von Mitarbeitenden nach dem Pay-per-Use-Prinzip über das Monats-Capping, bei dem in einem Kalendermonat Mehrfahrten über einem festgelegten Betrag (Monats-Cap) als Reiseguthaben im Folgemonat gutgeschrieben wird, bis zu passgenauen Marketingkampagnen zu neuen Tarifmodellen wie zum Beispiel das Reisen zu verkehrsschwachen Zeiten (z.B. Peak/Off-Peak).