
Fallstudie
Dänemarks Übergang zu einem digitalen öffentlichen Verkehr
Mobile-first ÖPNV in Dänemark: Wie Rejsekort & Rejseplan A/S gemeinsam mit FAIRTIQ eine landesweite MPAYG-Lösung in nur sechs Monaten realisierte
Rejsekort & Rejseplan A/S – das branchengetragene Unternehmen, das für das Ticketing im dänischen öffentlichen Verkehr verantwortlich ist – stand an einem Wendepunkt: Das bestehende, kartengestützte Ticketing-System hatte das Ende seines Lebenszyklus erreicht und musste durch eine moderne Lösung ersetzt werden. Der klassische Weg wäre eine umfangreiche Ausschreibung mit anschließender landesweiter Implementierung tausender neuer Geräte gewesen – ein Ansatz, der häufig mit Komplexität und Verzögerungen einhergeht.
Doch Rejsekort & Rejseplan A/S entschied sich für einen mutigen, nutzerzentrierten Weg: Das Unternehmen prüfte gezielt die Machbarkeit eines Mobile-First-Ansatzes, um das Ticketing grundlegend zu modernisieren. In einem schrittweisen, methodisch durchdachten Prozess testete es die Lösung zunächst im Rahmen eines Pilotprojekts im Jahr 2022 – mit überzeugenden Ergebnissen.
Schnitt auf September 2024: Die neue Rejsekort App wird landesweit ausgerollt und ersetzt schrittweise das Altsystem, das bis 2026 vollständig abgeschaltet wird. Vom Vertragsabschluss bis zum nationalen Start vergingen lediglich sechs Monate – eine bemerkenswerte Leistung im Bereich des öffentlichen Verkehrs. Und obwohl das neue System klar auf mobile Nutzung ausgerichtet ist, bleibt es inklusiv: Es ist auch zugänglich für Personen ohne Smartphone oder Bankkarte und respektiert die Bedürfnisse jener, die anonym reisen möchten.
"Diese reibungslose, inklusive und sichere Reiseerfahrung setzt europaweit neue Maßstäbe," sagt Tina Hørbye Christensen, CEO von Rejsekort & Rejseplan A/S. "Wir blieben im Budget und Zeitplan. Und 90% der Nutzenden sind sehr zufrieden – das ist außergewöhnlich bei IT-Projekten dieser Größenordnung."
Dänemarks ÖPNV im Überblick
Dänemarks öffentliches Verkehrsnetz ist gut ausgebaut und integriert – mit Zügen, Bussen, Trams und U-Bahnen, die Städte und ländliche Regionen verbinden. Vor der Umstellung auf das neue System basierte der Ticketvertrieb jedoch auf einer Chipkartenlösung, die physische Tap-in/Tap-out-Geräte erforderte – ergänzt durch bis zu zehn verschiedene regionale Prepaid-Ticketing-Apps. Diese fragmentierte Landschaft erschwerte die Reiseplanung und stellte Fahrgäste wie auch Betreiber vor Herausforderungen. Ein Beispiel: Wer beim alten Kartensystem das Tap-out vergisst, erhält nicht nur eine ärgerliche Busse, auch Rejsekort muss den Aufwand für die Klärung tragen.
"Geschäftlich mussten wir das System ersetzen. Doch entscheidend war die starke Nachfrage nach einer digitalen Lösung," erklärt Tina. "Rejsekort war die letzte physische Karte im Portemonnaie der Menschen. Führerscheine, Bankkarten, Versicherungen – alles andere war längst digital."
Mit den steigenden Erwartungen an Komfort und Digitalisierung wurde klar, dass eine Änderung überfällig war. Die Beibehaltung oder Aufrüstung des bestehenden Systems hätte erhebliche Investitionen erfordert, sodass eine moderne Überholung sowohl eine finanzielle als auch eine strategische Notwendigkeit darstellte.
Warum mobile-first?
Die strategischen Treiber
Dänemark entschied sich nicht nur aus technologischem Interesse für eine Mobile-First-Strategie – die Entscheidung war eine direkte Antwort auf die Erwartungen der Öffentlichkeit und langfristige Nachhaltigkeitsziele. Rejsekort & Rejseplan A/S prüfte verschiedene Ticketing-Ansätze, darunter auch offene Zahlungssysteme mit Kreditkarte (EMV). Letztlich fiel die Wahl aus drei klaren Gründen auf eine Mobile-First-Strategie:
1 Erwartungen der Fahrgäste erfüllen
Nutzeranalysen zeigten eine deutliche Nachfrage nach einer einfachen digitalen Alternative. Dänische Fahrgäste, die bargeldlose Zahlungen längst im Alltag nutzen, wünschten sich explizit eine ticketlose Lösung per Smartphone. MPAYG vereinfacht das Reisen: kein Aufladen, keine Plastikkarten, kein Vergessen des Tap-outs – einfach ein nahtloses, appbasiertes Erlebnis.
„Dänische Fahrgäste fragten oft, ob es endlich eine digitale Ticketlösung gäbe“, sagt Tina Hørbye Christensen, CEO von Rejsekort & Rejseplan A/S. „In fast allen anderen Lebensbereichen hatten sie sich längst an bargeldlose Zahlungen gewöhnt.“
2 Kosteneffiziente und skalierbare Infrastruktur
MPAYG bietet eine Infrastruktur, die sowohl kosteneffizient als auch hochgradig skalierbar ist. Im Gegensatz zu EMV-Systemen, die umfangreiche Hardware-Investitionen erfordern, kommt MPAYG nahezu ohne teure Infrastruktur aus und ermöglicht so schnelle Implementierungen in städtischen Zentren wie auch in ländlichen Regionen. Darüber hinaus unterstützt MPAYG Verkehrsunternehmen mit präzisen Nutzungsdaten, die eine faire Einnahmenverteilung sowie gezielte Verbesserungen von Linien und Netzen ermöglichen. Ein solches Maß an Einblicken ist mit Prepaid-Tickets schlicht nicht erreichbar.
„Ein offenes System auf Kreditkartenbasis hätte eine große Infrastrukturinvestition bedeutet“, erklärt Tina. „Mit MPAYG konnten wir diese Kosten deutlich reduzieren.“
3 Politische Vorgaben und Nachhaltigkeitsziele erfüllen
Ein zentraler Beweggrund für die Entscheidung von Rejsekort & Rejseplan A/S für MPAYG war Dänemarks digitale Transformationsstrategie. Diese sieht ein vollständig digitales, perspektivisch MaaS-basiertes ÖV-System vor.
„Wir ersetzen derzeit das kartengestützte Ticketsystem durch eine neue digitale App – das neue Zahlungssystem für den gesamten öffentlichen Verkehr in Dänemark“, erklärt Tina Hørbye Christensen, CEO von Rejsekort & Rejseplan A/S. „Das ist Teil einer nationalen Strategie für nahtlose, digitale Mobilitätslösungen im gesamten Verkehrsnetz.“
MPAYG erfüllte alle Anforderungen: keine Hardware-Investitionen, vollständige Datenschutzkonformität und eine zukunftssichere, inklusive Lösung, die nahtlos in die Digitalstrategie des Landes passt. Die Entscheidung für MPAYG war nicht nur eine Innovationsfrage, sondern eine strategische Entscheidung für langfristige Zugänglichkeit, Flexibilität und Datenschutz.
Stufenweise Beschaffung und schnelle Umsetzung
Ein mutiger Wechsel hin zu einer nationalen Mobile-First-Strategie erfordert nicht nur Überzeugung, sondern auch frühzeitige Erkenntnisse über mögliche Herausforderungen. Deshalb setzte Rejsekort auf ein stufenweises Beschaffungsmodell, das Geschwindigkeit, Qualität und Risikomanagement in Einklang bringt.
Den Auftakt bildete ein Pilotprojekt in Nordjütland im zweiten Halbjahr 2022. Ziel war es, die Akzeptanz der digitalen Lösung bei den lokalen Fahrgästen zu prüfen. Die Ergebnisse lieferten wertvolle Erkenntnisse zu Nutzungsraten und technischer Machbarkeit.
Darauf aufbauend folgte Ende 2022 ein weiteres Pilotprojekt in Kopenhagen – dieses Mal im kleinen Maßstab mit Fokus auf Journey Mapping. Dabei ging es darum, potenzielle Herausforderungen in urbanen Räumen zu erkennen, zum Beispiel die Ortung in tiefgelegenen U-Bahn-Stationen, um sicherzustellen, dass die zukünftige Lösung den spezifischen Anforderungen der dänischen Infrastruktur gerecht wird.
Anfang 2023 startete Rejsekort eine Ausschreibung für einen SaaS-Rahmenvertrag, der Mitte des Jahres vergeben wurde. Diese strategische Vergabe legte den Grundstein für das anschließende „Mini-Tender“-Verfahren zur Auswahl eines Technologiepartners für die Rejsekort App. Die Ausschreibung erfolgte im Sommer 2023 - im Dezember wurde FAIRTIQ als Technologiepartner ausgewählt.
„Wir haben FAIRTIQ im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens und klar definierter Kriterien ausgewählt: technologische Passung, Preis und Nutzererlebnis“, sagt Tina. „Ihr Check-in/Check-out System war sofort landesweit einsatzbereit und hat sich europaweit bereits erfolgreich bewährt.“
Die Entscheidung für eine standardisierte, marktreife Lösung war ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Projekts. Die neue Rejsekort App wurde innerhalb von nur sechs Monaten nach Vertragsunterzeichnung landesweit eingeführt – termingerecht und im vorgesehenen Budgetrahmen. Eine derartige Umsetzungsgeschwindigkeit ist in groß angelegten IT-Projekten im öffentlichen Sektor nahezu beispiellos.
"In Dänemark denken wir oft, dass wir zu einzigartig für eine Standardlösung sind. Aber diesmal haben wir gesagt: Wenn etwas geändert werden muss, passen wir die Preis- und Zonenlogik an - nicht das System selbst. Diese Einstellung hat uns Zeit und Geld gespart", meint Tina.
Zeitplan des Projekts

Nutzerzentrierte Entwicklung
Von Anfang an stand das Feedback der Fahrgäste im Zentrum der App-Entwicklung. Dank eines kontrollierten Rollouts konnte die Anwendung unter realen Bedingungen getestet und gezielt weiterentwickelt werden. Bereits im April 2024 wurde ein erster eingeschränkter Zugang für 2'000 Personen innerhalb von nur 40 Minuten vollständig ausgeschöpft – und schrittweise auf 60'000 Nutzer·innen erweitert. Das Feedback aus dieser Phase floss direkt in die Optimierung der Lösung ein – ein klarer Beleg für den Wert eines iterativen, nutzungsbasierten Entwicklungsprozesses.
„Wir haben alle Unannehmlichkeiten des alten Systems beseitigt – vergessene Karten, verpasste Tap-outs oder falsch gelesene Geräte gehören der Vergangenheit an“, sagt Tina. „Laut unseren Mobilitätsbefragungen sagen heute 90% der Nutzenden, dass das Reisen mit dem ÖV deutlich einfacher geworden ist.“
Vorheriges kartengestütztes System von Rejsekort | Neue MPAYG Rejsekort App | |
---|---|---|
Ticket Medium | Chipkarte ('Rejsekort') |
Mobile App ("Rejsekort App") |
Infrastruktur | Hardware-basierte Leser für Tap-In/Tap-Out | Hardware-frei & Smartphone-basiert |
Zahlung | Aufladevorgang kann kompliziert sein | Einfache Eingabe einer Zahlungsart in der App |
Reiseerlebnis | Manuelles Tap-in bei jedem Fahrtabschnitt und Tap-out am Ende der Reise | Einmaliges Swipen vor dem Einsteigen und einmaliges Swipen nach dem Verlassen der öffentlichen Verkehrsmittel am Zielort. Keine Aktion beim Umsteigen erforderlich. Smart Stop möglich. |
Barrierefreiheit für alle
Auch wenn das Rejsekort-System als Mobile-First-Plattform konzipiert wurde, ist es nicht ausschließlich mobil nutzbar. Etwa 10% der Fahrgäste nutzen kein Smartphone oder bevorzugen alternative Lösungen. Um die Ablösung des bisherigen Kartensystems vorzubereiten, wird gemeinsam mit FAIRTIQ eine kartenbasierte Pay-as-you-go-Lösung entwickelt.
„Wir befinden uns aktuell in der finalen Testphase und möchten sicherstellen, dass die Lösung auch für Menschen mit Behinderungen oder für jene, die physische Karten bevorzugen, funktioniert“, bestätigt Tina.
Dieses duale Angebot stellt sicher, dass keine Gruppe ausgeschlossen wird und unterstreicht Dänemarks Engagement für eine inklusive Mobilität.
Ergebnisse und Wirkung
Nur sieben Monate nach dem Launch verzeichnet die Rejsekort App beeindruckende Erfolge in ganz Dänemark:
Anzahl der monatlich aktiven Nutzenden der Rejsekort-App in Dänemark, 2024

Über 1,5 Millionen Registrierungen und mehr als 1 Million aktive Reisende
sind mindestens einmal im 2024 mit einem Swipe in Dänemark gereist
Größter Anstieg der Registrierungen bei der öffentlichen Einführung im September 2024
mit mehr als 325 000 Registrierungen in einem einzigen Monat
Nutzerzufriedenheit über 90%
90% der befragten Fahrgäste sagen, die App „macht den ÖV einfacher“ – im Vergleich zu 65% beim alten Kartensystem
Landesweiter Marktanteil von über 35% ab Mai 2025
Im Mai 2025 wurden bereits über 35 % aller Rejsekort-Transaktionen im ÖV (Bahn, Bus, Tram, Metro) über die Rejsekort App abgewickelt – Tendenz steigend
„Das ist ein Wendepunkt für den öffentlichen Verkehr in Dänemark“, sagt Jens Willars, CCO von Rejsekort & Rejseplan A/S. „Wir machen Mobilität so einfach und zugänglich wie nie zuvor.“
Zusammenfassung der Wirkungen
📈 Schnelle Nutzerakzeptanz✅ Projekt termingerecht und im Budgetrahmen abgeschlossen
⏲️ Geringere Betriebskosten dank standardisierter, softwarebasierter Einführung
🛍️ Hohe Zufriedenheit: 90 % der Nutzenden bevorzugen das neue System
🌎 Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen
Ein skalierbares Modell für Europa
Die Rejsekort App ermöglicht heute bereits grenzüberschreitendes Reisen – etwa nach Malmö in das benachbarte Schweden. Für andere Länder, die über digitale Mobilitätslösungen nachdenken, zeigt das dänische Beispiel eindrucksvoll, welches Potenzial sich auch in fragmentierten Verkehrslandschaften mit komplexer Infrastruktur entfalten lässt.
„Viele Länder glauben, ihre Verkehrssysteme seien zu individuell für standardisierte Lösungen. Mein Rat: überdenken Sie das. Eine Standardlösung spart Zeit, Geld – und funktioniert einfach“, rät Tina.
Dänemarks Umstieg auf das Mobile Pay-as-you-go-System von FAIRTIQ zeigt, was möglich ist, wenn Innovationskraft, inklusives Design und politischer Wille zusammenspielen. Mit einem schnellen Rollout, einem vollständig hardwarefreien Ansatz und hoher öffentlicher Akzeptanz hat das Land einen neuen Standard für digitale Mobilität gesetzt. Durch den Einsatz von MPAYG hat Dänemark seine Verkehrsstruktur zukunftssicher gemacht und niemanden auf dem Weg zurückgelassen.
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